Im Einklang mit der Natur - Renaissance der autochthonen Reben in Südtirol
Schon oft saß ich oberhalb der Muthhöfe und blickte fasziniert auf Meran und das Etschtal mit seinen Weinbergen und Obstplantagen, die mich immer wieder anziehen, wie die Motten das Licht. Es ist eine einfach seltsam berührende Lieblichkeit in diese zauberhafte Landschaft zu schauen. Oft sagt der Volksmund über das frankophile Leben „wie Gott in Frankreich“, für Südtirol ist das zu wenig. Da trifft eher der Ausspruch von Goethe zu, der es wohl auch besser trifft und den er 1786 schriftlich festhielt, als er, nachdem er die Alpen überschritten hatte und in Bozen eintraf, ausgerufen haben soll : „…und man glaubt wieder einmal an einen Gott!“
Diesmal hat mich ein ganz reizvoller Grund nach Südtirol geführt, nämlich der Besuch bei der aufstrebenden Weinmacht an Etsch, Eisack und Rienz. Oh, wieso Weinmacht? Haben wir nicht noch in Erinnerung, wie unsere alten Herrschaften über den Vernatsch vom Kalterer See ablästerten. Masse, statt Klasse, hieß es damals immer wieder.
Doch heute ist das anders! Denn in den Kellern an der Südtiroler Weinstraße hat es grundlegende Veränderungen gegeben. Genau genommen seit den 1980er Jahren, als die Weinbauern Südtirols eine Wende herbeiführten und eine massive Qualitätsoffensive in Gang setzten. Es ist also nicht überraschend, dass Südtirol die einzige Weinregion Italiens ist, die heute mannigfaltige Weinstile auf hohem Niveau produziert und sich so langsam zu einer „kleinen Weinmacht“ mausert.
Da verwundert es auch nicht, dass gerade der Gewürztraminer en vouge ist, egal ob in Italien selbst oder in der Literatur (im Buch Tirza des niederländischen Autors Arnon Grünberg trinkt sein Protagonist ständig Gewürztraminer aus Südtirol). Aber nicht nur der Gewürztraminer macht von sich reden, da erleben auch die anderen autochthonen Reben, wie Vernatsch und Lagrein derzeit eine glanzvolle Renaissance.
Alles zusammen macht's
Für diese Wiederbelebung des südtiroler Weins stehen die Optimierungsprozesse der neuen Generation Winzer und Önologen, die das Potential ihrer breitgefächerten Terroire optimal nutzen. Diese können unterschiedlicher kaum sein. So verändern sich die Bodenbeschaffenheiten und die Klimazonen bei den vorhandenen Höhenlagen zwischen 200 und 1000 Meter über dem Meeresspiegel stetig.
Eine andere Veränderung brachte der Umgang mit den typischen Anbauweisen. Dominierte noch vor gut 30 Jahren der Pergola-Anbau, so ist heute überwiegend die Drahtzuganlage in der Landschaft festzustellen.