Schweiz - Graubündner Winzer in Köln
Eine wahre Pracht sind freilich die Rotweine!
von Michael Giesen
Köln. Fläsch, Jenins, Maienfeld, Malans - vier Ortsnamen aus dem schweizer Kanton Graubünden, die für ausgezeichneten Pinot noir stehen. Weinfachfrau Claudia Stern gab jetzt in ihrem Kölner Restaurant "Sterns" Sommeliers und anderen Weinfreunden die Gelegenheit, einige Weine aus der Bündner Herrschaft samt Winzern, alle Mitglieder der kleinen, aber feinen Winzervereinigung "Vinotiv", kennen zu lernen.
Schließlich: Der Bekanntheitsgrad der Weine aus diesem Landstrich ist nicht eben groß. Also ist Imageförderung angesagt. Dabei geht es gar nicht mal in erster Linie um die Vermarktung, denn an Absatz ist kein Mangel. Die Schweizer trinken die guten Tropfgen schon selbst. Gerade mal 400 Hektar werden in dem touristischen Weinanbaugebiet von den Winzern betreut. Auf 80 Prozent der Fläche wächst Pinot noir, weiße Rebsorten spielen eine untergeordnete Rolle.
Dass die Weißweine durchaus bemerkenswert sind, das vermittelte die Weinprobe im "Sterns" etwa mit dem 2003er Completer Selvenen, eine autochthone Rebsorte. Winzer Martin Donatsch hat einen durchaus eigenständigen Wein gekeltert, der angenehm nach weißen Früchten schmeckt und eine hervorstechende Säure hat, die gleichwohl nicht unangenehm auffällt. Auch der Sauvignon Blanc aus dem Jahre 2003 von Irene Grünenfelder vom Weingut Eichholz in Jenins besticht durch Frucht, Frische und Würze, während der Chardonnay aus dem Jahre 2004 von Christian Hermann (Fläsch) die Holznoten aus dem Barrique sehr dominieren lässt. Es bleibt abzuwarten, ob die sich in Zukunft besser einbinden.
Eine wahre Pracht sind freilich die Rotweine. Pinot noir heißen sie, wenn sie im Barrique ausgebaut worden sind, Blauburgunder, wenn der Ausbau auf traditionelle Weise vonstatten gegangen ist. Verblüffend, wie auf vergleichsweise kleinem Terrain Unterschiedliches hervorgebracht wird. Boden und Klima sind nachgerade ideal für die rote Rebsorte. Der Föhn steuert sein Übriges zur prächtigen Reifung der Trauben bei. Kräftige, charakterstarke, mitunter auch sehr würzige Weine sind das Resultat.
Beispielsweise der 2004er Jeninser Blauburgunder von Winzerin Annatina Pelizatti, der freilich noch einige Zeit liegen bleiben sollte. Trotz seiner Jugend ist hingegen der Pinot noir Reserve, ebenfalls aus dem Jahre 2004, von Christian Hermann schon sehr trinkreif, kraftvoll, würzig und etwas holzbetont.
Bei "Sterns" konnten die Weinfreunde sich die Tropfen munden lassen, begleitet von einem anspruchsvollen Menü nach Graubündner Rezepten und wunderbaren Schweizer Käsesorten.
Doch bei den Gaumenfreuden allein blieb es nicht. Für die geistreiche Zutat sorgte der in München lebende Philosoph Stefan Lindl. Er sprach über den in Graubünden geborenen Künstler Giacometti in seinem Vortrag "Giacomettis Pinot. Oder: Wie man über Pinot Noir spricht, ohne über ihn zu sprechen". Ein gedanklicher Leckerbissen, der so endete: "Und darin liegt die unsichtbare, sanfte Verbindung von Graubünden, Giacometti und Pinot: In der komplexen Vielfalt, in der labyrinthischen Welt, die jeder für sich erschließen kann, wenn er nur will." Nun denn: Zum Wohle!