Deutschland - Archiv 2004

Mosel-Saar-Ruwer: Vegetationsverlauf 2004

Der Weinjahrgang 2004 an Mosel, Saar und Ruwer kann zum jetzigen Zeitpunkt (29.10.04) hinsichtlich der Qualität mit dem 1997er verglichen werden.

Rieslingtraube für Rieslingsektausbau

Die Reifeentwicklung stimmte nach Angaben des Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Mosel weitgehend mit dem Jahrgang 1997 überein. Auf die niederschlagsarmen Wintermonate folgte ein ebenfalls niederschlagsarmes und sonniges Frühjahr. Die  Vegetationsphase für Riesling und Müller-Thurgau setzte mit dem Austrieb um den 25. April ein, eine Woche vor dem langjährigen Mittelwert. Als Termin für die Vollblüte gibt das DLR Mosel den 22. Juni ein (Mittelwert: 28. Juni). Durch häufige Niederschläge kam es vereinzelt zur Verrieselung, die Blüte verlief sehr uneinheitlich.

Der Sommer brachte ausreichende Niederschläge und warme Witterungsphasen. Das häufig feuchtwarme Wetter begünstigte im Bereich Bernkastel sowie im oberen Bereich der Terrassenmosel die Ausbreitung von Schwarzfäule. Entgegen einiger im Sommer veröffentlichter Meldungen ist die Ernte im Anbaugebiet dadurch nicht gefährdet. In einzelnen Rebanlagen führte der Befall aber zu erheblichen Ernteeinbußen, bei Öko-Winzern zum Teil auch zu einem Totalausfall. Vereinzelt waren auch Ertragsschäden durch Hagel zu verzeichnen, so z.B. im Raum Brauneberg an der Mittelmosel.

Juli und August wiesen unterdurchschnittliche Sonnenscheinstunden aus. Die Temperatur 2004 lag aber durchschnittlich um 0,8 Grad Celsius höher als der Mittelwert. Dennoch konnte der im Frühjahr vorhandene Vegetationsvorsprung sich im Sommer nicht fortsetzen.

Ausschlaggebend für die Reife der Trauben sind in den nördlichen Anbauregionen aber die Herbstmonate. In den Steillagen an Mosel, Saar und Ruwer kann die Rieslingrebe ihre ganze Stärke ausspielen. Durch die lange Reifephase sind die Trauben aus den Schieferlagen besonders reich an Mineralstoffen und Extrakten, die Weine sind fruchtig und reich an Aroma - und das bei relativ niedrigem Alkoholgehalt. Günstig für die Aromaausprägung sind auch die relativ großen Temperaturschwankungen zwischen warmen, sonnigen Tagen und kühlen Nächten.

Nach dem Reifebeginn um den 30. August - das ist exakt der langjährige Mittelwert - sorgte der trockene, warme und sonnenreiche September für eine deutliche Reifeentwicklung. Dabei spielte auch die gute Wasserversorgung des Sommers eine wichtige Rolle.

Die Mostgewichte legten im teilweise sehr warmen und sonnigen Oktober nochmals zu, die Fruchtsäure baute sich entsprechend ab. Am 11. Oktober wurden beim Riesling durchschnittlich 75 Grad Oechsle Mostgewicht gemessen. Das bedeutet einen Vorsprung von 5° Oechsle zum 30-jährigen Mittelwert.

Anbaugebiet Saar

Die Lese der frühen Rebsorten begann in diesem Jahr Ende September/Anfang Oktober. Müller-Thurgau wurde ab 6. Oktober eingebracht. Die Ernte von Müller-Thurgau (Rivaner), Elbling, den weißen Burgundersorten sowie den weiteren früh reifenden Sorten war bis Mitte Oktober weitgehend abgeschlossen. Eingebracht wurde weitgehend gesundes Lesegut mit guten Mostgewichten. Erst um den 21. bis 24. Oktober begann dann für die meisten Betriebe die Rieslingernte, die sich bei vielen Winzern noch bis weit in den November hinein ziehen wird.

Der Blaue Spätburgunder, der inzwischen auf 3,5 Prozent der Rebfläche angebaut wird, verspricht in diesem Jahr ebenfalls sehr gute Ergebnisse im Anbaugebiet; auch hier dauert die Lese noch an. Der Dornfelder - ebenfalls bei 3,5 Prozent Flächenanteil - erreichte meist problemlos Mostgewichte von über 68 Grad Oechsle, die für die Erzeugung von Qualitätswein vorgeschrieben sind. Dies wurde auch durch Ertragsreduzierungen (geringer Anschnitt, grüne Lese) erreicht. Insgesamt wird 2004 mit einer Erntemenge von rund 73.000 Hektolitern Rotwein an Mosel, Saar und Ruwer gerechnet.

Die wichtigsten Schätzwerte zum Weinjahrgang 2004 im Einzelnen (Grundlage: Ernteschätzungen bzw. Messungen des DLR Mosel in Rebanlagen im gesamten Anbaugebiet; ohne Berücksichtigung von Ausnahmeergebnissen):

Rebsorte

Mostgewicht

von bis

Mostgewicht*

Ertrag*

[hl/ha]

Riesling

75 - 95° Oechsle

85° Oechsle

110

Müller-Thurgau

70 - 80° Oechsle

75° Oechsle

125

Elbling

60 - 70° Oechsle

65° Oechsle

140

Kerner

72 - 80° Oechsle

76° Oechsle

110

Spätburgunder

82-100° Oechsle

91° Oechsle

90

Weißburgunder

85 - 95 ° Oechsle

90° Oechsle

85

Dornfelder

70 – 80° Oechsle

75° Oechsle

120

Vermarktung

Die Vermarktung der Weine von Mosel, Saar und Ruwer erfolgt im Wesentlichen über große Abfüller einerseits und Selbstvermarkter andererseits. Etwa 60 Prozent der Produktion werden als Trauben, Most oder Wein von den Erzeugern an Genossenschaft oder Kellereien abgegeben und von diesen an den Lebensmitteleinzelhandel vermarktet; rund ein Drittel geht direkt vom Winzer als Flaschenwein an die Käufer. Die Bedeutung des Fachhandels für den Absatz von Moselwein in Deutschland ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen und lag in den ersten drei Quartalen des Jahres 2004 bei durchschnittlich unter 1,5 Prozent Marktanteil. Auch die Gastronomie ist als Absatzweg nur von untergeordneter Bedeutung.

Auf dem deutschen Markt schwanken die Anteile von Selbstvermarktung und Handel teilweise sehr stark, wie Marktbeobachtungen der Gesellschaft für Konsumforschung, Nürnberg, ergeben haben. Während im Jahr 2001 laut GfK-Haushaltspanel nur 29,6 Prozent der Konsumenten ihren Moselwein beim Erzeuger direkt kauften, waren es 2003 stolze 46,4 Prozent.

In den ersten drei Quartalen 2004 wurden durchschnittlich knapp 38 Prozent im Direktbezug eingekauft. Das zweite Quartal war hier mit fast 50 Prozent Marktanteil der Selbstvermarkter am stärksten, das erste Quartal mit nur 21,3 Prozent Direktbezug am schwächsten. Im dritten Quartal lag der Direktbezug bei 42,9 Prozent. Hier zeigt sich sicherlich auch die Bedeutung des Tourismus für den Absatz der Direktvermarkter.

Durchschnittlich wurde laut GfK im dritten Quartal 2004 auf dem deutschen Markt für eine 0,75-Liter-Flasche Moselwein ein Preis von 2,74 € erzielt, 56 Cent mehr als im Vergleichszeitraum 2003. Damit lag der Erlös für Moselwein über dem Durchschnitt aller in Deutschland verkauften Weine (2,66 €/0,75 l). Für ausländische Weine bezahlten die Konsumenten im Durchschnitt im gleichen Zeitraum nur 2,47 € pro 0,75-Liter-Flasche.

Der Export spielt für den Absatz von Moselwein dagegen eine sehr große Rolle. Rund ein Drittel der Gesamtproduktion wird ins Ausland verkauft. Die anhaltende Nachfrage nach Riesling in den USA, aber auch auf anderen Märkten trägt dazu bei. Exportorientierte Betriebe verkaufen bis zu 90 Prozent ihrer Weine ins Ausland. Wichtigste Exportmärkte für Weine von Mosel, Saar und Ruwer sind Großbritannien, USA, Niederlande, Japan und Schweden.

Während auf den Exportmärkten auch die fruchtsüßen Weine nach wie vor gefragt sind, ist  auf dem deutschen Markt im gehobenen Preissegment die Nachfrage für trockene Weine stärker. Um auch in diesem profitablen und Image bildenden Marktsegment Weine von Mosel, Saar und Ruwer besser zu platzieren, haben Weinwerbung und Weinbauverband das Qualitätskonzept "Riesling S" ins Leben gerufen. Unter diesem geschützten Markenzeichen, das von der Weinwerbung nach sensorischer Prüfung durch die Landwirtschaftskammer vergeben wird, kommen ausschließlich hochwertige, trockene Rieslingweine aus Steillagen auf den Markt - sozusagen die S-Klasse von Mosel-Saar-Ruwer. Das "S" steht für Schiefer, Steillage und Spitzenriesling. Erste Weine des Jahrgangs 2003 sind seit dem Spätsommer bereits unter der Bezeichnung "Riesling S" auf dem Markt. Der Jahrgang 2004 bietet qualitätsorientierten Erzeugern beste Voraussetzungen, "Riesling S" zu erzeugen und im kommenden Jahr den Kunden anzubieten.

Diese Initiative von Weinbauverband und Weinwerbung, aber auch die große Nachfrage nach Riesling international tragen dazu bei, dass die landschaftsprägenden Steillagen an Mosel, Saar und Ruwer weiter bewirtschaftet werden. Der seit vielen Jahren anhaltende Rückgang der Rebfläche hat sich in den vergangenen Jahren verlangsamt. 9128 Hektar sind in Deutschlands ältester Weinregion mit Reben bestockt. In vielen Betrieben - vor allem Direktvermarktern - engagieren sich junge Winzerinnen und Winzer. Trotz - oder gerade wegen - der großen strukturellen Probleme, die auch in der Geologie und der Historie der Region begründet sind, hat eine beeindruckende Dynamik das Weinbaugebiet erfasst.

Zu den weltweit bekannten Gütern, die mit ihren Spitzenweinen vor allem im Ausland eine Riesling-Renaissance ausgelöst haben, gesellen sich viele neue Namen, die mit Qualitätsstreben und hervorragenden Gewächsen von sich reden machen. Die Verbindung der fast 2000-jährigen Tradition und Erfahrung mit modernen Erkenntnissen und Mitteln in Weinbau und Kellerwirtschaft ist für diese aufstrebende Winzergeneration selbstverständlich.

Grundlegend ist dabei die Erkenntnis, dass die Weinbergslagen an Mosel, Saar und Ruwer das ideale Terroir für die Erzeugung von Weißweinen der Spitzenklasse bieten.

Photos: © Hofmaier.com